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Nachdenkliches...

Thema Hundeerziehung

Als Beispiel für ein nicht ganz bis gar nicht meiner Ansicht entsprechendes Buch nenne ich hier mal mein erstes Hundebuch "1&1 der Hundeerziehung" von Heinz Gail, erschienen im Kynos Verlag.

Zu diesem Buch kam ich, da hatte ich Ronja grad ein paar Wochen. Ich wollte mit ihr an einer Welpenstunde der Volkshochschule teilnehmen. Ich rief also den Trainer an, sagte ihm, dass ich einen Welpen von ca. 15 Wochen habe und gerne mit ihm in seine Welpenstunde kommen würde. Der Trainer teilte mir mit, dass mein Hund mit 15 Wochen schon zu alt wäre für seine Welpenstunde, schließlich sollte man spätestens ab der 8. Woche eine Welpenstunde besuchen und Ronja wäre schon fast alt genug für die Junghundegruppe. Welche ich aber nicht mit ihr besuchen dürfe, da Ronja ja nicht in der Welpengruppe war. Der Hinweis dass ich die Kleine erst mit 12 Wochen bekommen habe half auch nichts. Ich kam weder in die eine noch in die andere Gruppe... Naja, zum Trost empfahl er mir dann das Hundebuch, nach dem er arbeitete. Damit könne ich dann selbst üben...

Am nächsten Tag habe ich mir das Buch besorgt und direkt gelesen. Einige Aussagen und Ansätze in diesem Buch sind durchaus positiv. Es wird auch von Vertrauen schaffen und Ähnlichem geredet. Wie gesagt, einiges ist positiv. Die Quintessenz des Buches ist leider eine andere...

Zitat 1: "Auf frischer Tat ertappt wird dem kleinen Kerl durch unmissverständliche Gestik, drohende Betonung und mit einem kräftigen Griff ins Nackenfell klargemacht, dass ein Elektrokabel gefährlich ist."
Hierbei handelt es sich um eine Bildunterschrift zu einem Bild, welches eben diese Situation zeigt. Dem Blick und der Körperhaltung des Welpen nach zu urteilen hat "der kleine Kerl" grade gelernt, dass sein Herrchen gefährlich ist. Am Stromkabel wird er jetzt wohl nur noch knabbern, wenn Herrchen weit weg ist...

Zitat 2: "Bringen Sie ihn mit einem sehr kräftigen Ruck an der Leine in die richtige Position."
Weitere so nette Sätze stehen im Kapitel über die Leinenführigkeit. Im Buch ist das Wort "sehr" kursiv gedruckt, um es hervorzuheben.

Allein vom Lesen solcher Texte läuft mir ein Schauer über den Rücken. Vor meinem inneren Auge läuft unwillkürlich das passende "Video" zum Text ab.
Grausig - aber oft Hundeplatz-Alltag.

Abgesehen davon, dass es Leute gibt, die diese Methoden geeignet finden und davon überzeugt sind, dass sie ihrem Hund weder körperlich noch psychisch schaden und das Vertrauen des Hundes natürlich auch nicht darunter leidet, finde ich es erschreckend, dass es tatsächlich Menschen gibt, die keine Ahnung von Hunden haben, vielleicht grad im Besitz eines Welpen, dieses Buch (oder ähnliche) lesen und sich dann mit einem Gottvertrauen danach richten.

Als ich Ronja bekommen habe, hatte ich auch keine Ahnung von Hunden. Ich hatte nie groß was mit Hunden zu tun und habe mich nie mit deren Erziehung beschäftigt.
Trotzdem war ich nicht in der Lage zu glauben, bzw. für richtig zu halten, was ich da las.

Menschen haben ein Rechtsempfinden. Und sie sollten zumindest eine Art "Grund-Empathie" haben.
Es könnten Professoren propagieren, Bücher anleiten oder Filme lehren einem Lebewesen Schmerzen zuzufügen, es zu misshandeln oder psychisch unter Druck zu setzen. Da muss sich doch der Verstand einschalten, der uns darauf pfeifen lässt das nachzuahmen! Bei manchen Hundeführern ist selbiger aber anscheinend nicht vorhanden, oder aus lauter Selbstgefälligkeit abgeschaltet. Das Ziel "(kadaver-) gehorsamer Hund" ist für einige Hundeführer von so essentieller Bedeutung, dass Ihnen der Weg dahin schlicht egal ist.

Soweit ich das bisher beobachten konnte, gibt es drei Arten von Hundeführern, die Ihrem Hund körperlich oder psychisch schaden:
- die "Herzlosen"
- die "Blinden"
- die "Einfachgestrickten"

Zu den Herzlosen gehören Menschen, denen einfach das Gefühl für Tiere fehlt. Sie sind abgestumpft oder sie propagieren, dass Tiere eben minderwertige Lebewesen sind mit denen man nach Belieben verfahren kann. Für mich ist es nicht eindeutig, ob diese Menschen denn die Möglichkeit haben, anderen Menschen Empathie und Respekt entgegen zu bringen.

Zu den Blinden gehören die Leute, die ihrem Hund an und für sich nicht schaden wollen, die vielleicht sogar viel wert auf eine sachkundige Hundeerziehung legen, aber an die falschen Trainer/Methoden gelangt sind. Hier reicht die eigene Empathie nicht aus um die Blindheit zu überwinden. Meistens spielt noch eine Portion Naivität eine Rolle.

Bei den Einfachgestrickten liegt das Problem eher im psychischen misshandeln des Hundes als im körperlichen. Die Leute wollen ihrem Hund eigentlich nichts böses. Er ist "Familienmitglied" und wird geliebt. Meistens kennt er keine bis sehr wenig Erziehung. Die psychische Qual besteht hier darin, dass der Hund u.a. "verblödet". Er wird nicht gefordert und nicht gefördert. Er geht vielleicht nur an der kurzen Leine spazieren und nur um den Wohnblock. Von den Kindern wird er gedrückt und verkleidet und wenn er beim gassigehen schnüffelt gibts nen Leinenruck. Hundetypisches Verhalten wird unterdrückt, Beschwichtigungssignale sind unbekannt und es wird noch ein hübsches Foto fürs Familienalbum gemacht, auf dem dann zu sehen ist wie Klein-Flori den Fiffi auf dem Arm hält. Fiffis Augen sind weit aufgerissen und er leckt sich immer wieder über die Nase. Lustiges Foto...

 

Nachdem der Versuch in die Welpengruppe zu kommen schiefgegangen ist und ich das Buch nicht als Ronjas Lehrbuch verwenden wollte, habe ich mich einige Zeit später auf die Suche nach einer Hundeschule gemacht um einen Grunderziehungs-Kurs zu besuchen.
Nach kurzem Kleinanzeigen-Durchgucken und Internet-Durchforsten bin ich dann auf eine Hundeschule gestoßen. Ich habe angerufen und einen Termin zum zugucken vereinbart. Ich bin dann dorthin, ohne Ronja, da ich ja nur zum gucken dort war.
Es waren zwei Trainerinnen vor Ort. Die Gruppe, die aus ca. 10 Hund/Mensch-Teams bestand, wurde geteilt, so dass sich eine Trainerin um ca. 5 Paare kümmerte.
Ich ging mit der einen Gruppe ein Stück den Feldweg hinunter. Die Trainerin stellte dann auf dem Weg in ca. 1,5 -2m-Abständen Pylone fürs Bei-Fuß-Training auf. Die Teams stellten sich ca. 10m davor in einer Reihe auf.
Soweit, so gut.
Dann ging das erste Team los, bei Fuß im Slalom um die Pylone. Es war wohl nicht gut genug was das Team leistete, darum nahm die Trainerin den Hund und führte vor, wie es richtig geht. Sie nahm den Hund in die Ausgangsposition, der Hund saß also links neben ihr. Dann ging sie los. Rechts am Hütchen vorbei wurde der Hund mit einem Leinenruck gelotst. Um anschließend links am Hütchen vorbeizugehen schlug sie ihm das Knie vor die rechte Schulter. Ich werde wohl nie vergessen wie sie ihren Einsatz vertonte "Und Zack, und Knie, und Zack, und Knie, und Zack, und Knie".
Ich zuckte zusammen und konnte kaum glauben was ich da sah. Mich hat weniger geschockt, dass die Trainerin ihr Programm so selbstverständlich durchgezogen hat. Viel mehr haben mich die Hundehalter geschockt, die kopfnickend mit ihrem Hund an der Leine dastanden. Sie alle hatten diesen Aha-Effekt-Ausdruck im Gesicht. So nach dem Motto "Ahhh so! Und Zack, und Knie! Das sieht ja einfach aus!"
Besonders schlimm fand ich es, dass ein kleiner süßer Cocker-Welpe, noch keine 4 Monate alt, mit von der Partie war. Solange er noch nicht an der Reihe war musste er, wie die anderen Hunde auch, neben seinem Herrchen sitzen. Lange sitzen geblieben ist der kleine Quirl natürlich nicht. Aber durch Zurufe der Trainerin hat der Besitzer ihm immer schön "Hilfen" gegeben - sprich ihn ins Sitz gedrückt...

Es ist wohl über zu erwähnen, dass es bei der Zuguck-Stunde blieb.

"Ja, aber es steht doch da!", "Der hat an der Uni XY studiert, der wird schon wissen was richtig ist", "Ich hab gehört in Amerika wird das auch so gemacht",  "Der macht das schon jahrelang so, mit Erfolg!" sind Sprüche mit denen man äußerst vorsichtig sein sollte. Mit diesen Aussagen schiebt man die Verantwortung für das eigene Handeln von sich weg. Und gibt sich einen Freibrief für Handlungen die einen Waffenschein benötigen würden.
Natürlich sind viele Bücher, viele Hunde-Trainer, Kynologen und andere Fachleute sehr gut, hilfreich und eignen sich durchaus zum nachahmen!
Wir sollten nur nie den Verstand ausschalten und uns blind auf  diese Verlassen. Offene Augen und Ohren schaden nie und unser Herz sollte uns bei der Entscheidung zur richtigen Hundeschule und zu den richtigen Trainings-Methoden und -Materialien den Weg weisen.

Würde ich Philosophie studieren, vielleicht noch Lyrik und Literatur. Und würde ich dann in schönen Worten und mit exemplarischen Beispielen den Nationalsozialismus propagieren, wie viele Menschen würden sich mir anschließen? Also ich meine, wie viele außer der bestehenden Nazi-Population? Da möchte ich lieber nicht weiter drüber nachdenken... Mein Heinz Gail-Buch wurde schließlich auch nicht für die eingefleischten Hundeplätzler geschrieben, sondern für "Hunde-Anfänger"...

(Der Nationalsozialismus ist hier nur beispielhaft genannt und bezieht sich nicht auf das Buch.)

Mit diesem Text möchte ich nicht dafür sprechen Hunde in Watte zu packen oder sonst was. Es soll einfach meine Erfahrung widerspiegeln und vielleicht zum nachdenken anregen. Vielleicht hat der eine oder andere ja mal ähnliches erlebt.

Hundeerziehung ist wichtig. Zum Schutz des Hundes und seiner Umgebung. Das DAS stelle ich nicht in Frage, aber das WIE!

Hunde und Menschen ähneln sich.
Beide machen Fehler.
Beide können lernen.